Einmal Neptun und zurück

Dauerausstellung im KulturGut Radis
Ausstellungskonzeption und -gestaltung

 

Detail Wandregal im KulturGut Radis
(Fotos: Gustav Franz: www.reprofoto.de)

Wie bekommt man äußerst unterschiedliche Themen auf 60 Quadratmeter durchdacht unter – ohne dabei den Raum zu überfrachten? Mit dieser Frage waren wir beim ersten Begehungstermin in der Remise des KulturGuts in Radis konfrontiert. Wir befanden uns in drei kleinen aneinandergrenzenden Räumen, in denen zu diesem Zeitpunkt eine von geschichtsinteressierten Bürger*innen entwickelte Ausstellung untergebracht war.

Die Auftraggeberin, die Stadt Kemberg, formulierte klare Anforderungen an die künftige Nutzung: die neue Ausstellung sollte ohne Aufsichts- bzw. Vermittlungspersonal funktionieren, dem ortsansässigen Heimatverein eine Versammlungsstätte bieten und sich als außerschulischer Lernort in der Region etablieren. Uns lag am Herzen, eine möglichst barrierefreie Ausstellung zu entwickeln.

Mit diesen Leitlinien erstellten wir ein Ausstellungskonzept, das am Ende wunderbar aufging. Wir konzentrierten uns auf die Geschichte des Dorfes am Rande der Dübener Heide, auf die Biografien der berühmtesten Persönlichkeiten des Ortes – dem Philosophen Wilhelm Traugott Krug und dem Neptunentdecker Johann Gottfried Galle – sowie auf eine astronomische Entdeckungsreise rund um den Planeten Neptun.

Für die Gestaltung bestand die Herausforderung darin, eine Formsprache zu finden, die die Themenvielfalt unterstreicht und zugleich eine Klammer darum setzt. Als verbindendes Gestaltungselement ist der Einsatz von weiß lasiertem Kiefernholz als natürliches, lokales Baumaterial hervorzuheben. Wir haben uns entschieden, allen Ausstellungsräumen einen vollflächigen Anstrich der Wände und Decken zu geben. Die Ausstellungsbereiche grenzen sich kontrastreich voneinander ab, da jedem Thema ein eigener, die Grundstimmung unterstützender Farbton zugeordnet ist. Die Ausstellungsgrafik folgt diesem Prinzip. Durch die sich wiederholenden Elemente strahlen die Räume eine gewisse Ruhe und Unaufgeregtheit aus. Die atmosphärische Ausleuchtung einzelner Bereiche wird durch Pendelleuchten erzeugt.

Tastobjekt Familienwappen

Unser Hauptaugenmerk lag darauf, jungen wie erfahrenen Besucher*innen ein lehrreiches und zugleich unterhaltsames Erlebnis zu ermöglichen. Daher haben wir die Texte prägnant gehalten und auf der sichtbaren Ebene sparsam eingesetzt. Wer sein Wissen vertiefen möchte, hat diverse Möglichkeiten dafür: Erläuterungstexte verstecken sich hinter Klappen oder in Schubladen. Es wurden Medienstationen und Grafiken mit weiteren physischen Elementen wie Hands-On-Objekten, Mitmachstationen und einer Geruchsstation kombiniert, um die Ausstellung mit allen Sinnen erfahrbar zu machen.

Wir haben darauf geachtet, möglichst wenige räumliche Barrieren zu schaffen, was in den engen Räumen eine Herausforderung darstellte. Ein taktiles Leitsystem hilft Menschen mit Sehbehinderung bei der Orientierung. Die Erschließung des Ausstellungsinhalts erfolgt über das Zwei-Sinne-Prinzip. Audiostationen bilden ebenso wie Tastobjekte einen festen Bestandteil der Ausstellung. Ausgewählte Stationen wurden mit Braille-Beschriftung versehen. Insgesamt wurde auf den Einsatz kontrastierender Farben und eine gute Ausleuchtung geachtet.

Gebärdensprachvideos bereichern die Ausstellung und sorgen für zusätzlichen Wissenstransfer. Darüber hinaus bietet ein Ausstellungsführer in Leichter Sprache einen gut verständlichen Zugang zum Ausstellungsinhalt – eine Bereicherung für alle Besuchenden. Multisensorische Elemente finden sich auch im letzten Raum, der sich speziell an Kinder richtet. Schüler*innen finden hier Spieltische vor, an denen sie in kleinen Gruppen ihr Wissen testen können. Bekanntermaßen ist Lernen durch gemeinsames Entdecken einprägsamer. Und - wie wir selbst beobachten konnten - haben hier sogar hochbetagte Menschen Spaß.

Für uns persönlich bedeutet die Umsetzung dieser Ausstellung einen enormen Wissenszuwachs, vornehmlich im Bereich der Inklusion. An dieser Stelle danken wir der Auftraggeberin, die diesen Anspruch mitgetragen und mit uns gemeinsam die planerischen Herausforderungen gemeistert hat.

Konzeption + Gestaltung: INSEL + MEILE Museumskulturen
Grafik: srw studio
Gesamtrealisierung: INSEL + MEILE