Das Inklusionskonzept als Fundament des inklusiven Museums
Auf Tagungen, aber auch in Kundengesprächen bemerken wir immer wieder, dass die Schlagworte Barrierefreiheit und Inklusion bei vielen Museumsmitarbeiter*innen Verunsicherung und Frust hervorrufen. Besonders dann, wenn es darum geht, im eigenen Haus Barrieren abzubauen und inklusive Angebote zu entwickeln.
Während die einen an der Vielzahl der Möglichkeiten verzweifeln und nicht so recht wissen, wie sie das Thema am besten angehen und auf ihr Museum übertragen können, legen andere Hals über Kopf los. Ihrem Tatendrang folgt allerdings nicht selten Enttäuschung: Die eifrig erdachten Angebote finden bei Besucher*innen mit Behinderung keinen Anklang. Aber warum? Die Antwort ist in den meisten Fällen die gleiche: Die Angebote gehen an den Bedürfnissen von Menschen mit Behinderung vorbei, denn es wurde vergessen, sie und ihr Know-how bei der Entwicklung einzubeziehen.
Vom Sorgenkind zum Erfolgsmodell
Umgehen lassen sich diese und andere düstere Szenarien, wenn das Thema Barrierefreiheit und Inklusion planvoll und bedacht angegangen wird. Im Idealfall startet der Weg ins inklusive Museum deshalb mit einem Inklusionskonzept, das Leitlinien, Ziele und Aufgaben verbindlich festlegt - individuell zugeschnitten auf das jeweilige Museum.
So schaffen sich Museen nicht nur einen “Fahrplan”, der die Umsetzung von Inklusion klar strukturiert und diese in der Museumsarbeit verankert, sondern geben ihren Mitarbeiter*innen auch einen verbindlichen Bezugsrahmen für die tägliche Arbeit. Denn das Inklusionskonzept macht für sie nachvollziehbar, welchen Standpunkt das Museum einnimmt und welche Anforderungen sich daraus für seine Mitarbeiter*innen in der Praxis ergeben. Und damit ist nicht nur das Personal mit Publikumskontakt gemeint: Als Querschnittsaufgabe sind Barrierefreiheit und Inklusion für die Kollegen aller Fachabteilungen und aller Arbeitsebenen relevant.
Mit vier Bausteinen zum Inklusionskonzept
Das Inklusionskonzept setzt sich aus vier Bausteinen zusammen.
1. Selbstcheck
Im Selbstcheck ist Selbstkritik gefragt: Hier werden alle bestehenden und potenziellen Zugangs- und Nutzungshürden für Menschen mit Behinderung dokumentiert.
Dabei steht nicht nur die bauliche Zugänglichkeit im Fokus, sondern alle Handlungsfelder des inklusiven Museums. Sind bereits barrierefreie oder inklusive Angebote vorhanden, werden sie ebenfalls erfasst.
2. Inklusionsleitbild
Im Inklusionsleitbild wird zunächst der Anspruch und das Selbstverständnis des eigenen Hauses erfasst. Dann werden Ziele für die einzelnen Handlungsfelder formuliert.
In diesem Arbeitsschritt sollte aus dem Kreis der Mitarbeiter*innen auch ein*e Inklusionbeauftragte*r ernannt werden. Da diese Position als zentrale Schnitt- und Anlaufstelle dient, bei der alle Fäden in Sachen Inklusion zusammenlaufen und koordiniert werden, sollte die Aufgabe unbedingt auf freiwilliger Basis vergeben werden.
3. Maßnahmenkatalog
Im Maßnahmenkatalog werden Strategien, Maßnahmen und Angebote erarbeitet und festgehalten, um die festgelegten Ziele zu erreichen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt empfiehlt es sich, Menschen mit Behinderung in die Überlegungen einzubeziehen.
Ebenfalls nicht fehlen sollte das Verfassen eines Praxisleitfadens, der alle getroffenen Richtlinien und Regelungen verbindlich festhält. Das können Änderungen in der Besucher- und Hausordnung, Verhaltensstandards im Umgang mit Besucher*innen mit Behinderung und/oder administrative Festlegungen sein.
Idealerweise plant jedes Inklusionskonzept auch Weiterbildungsmaßnahmen für das gesamte Personal ein. Alle Museumsmitarbeiter*innen - auch wenn sie keinen Kontakt zum Publikum haben - sollten für Barrieren und die Bedürfnisse von Museumsbesucher*innen mit Behinderung sensibilisiert werden und über die Angebote und Regelungen ihres Hauses informiert sein.
4. Zeit- und Kostenplan
Damit die Umsetzung der erarbeiteten Pläne und Ideen am Ende nicht an der harten Realität scheitert, sollten alle Schritte in einem Zeit und Kostenplan verortet werden. In diesem wird konkret festlegt, wann die einzelnen Aufgaben und Projekte mit welchem personellen und finanziellen Aufwand umgesetzt werden (können). Dabei ist es wichtig, die eigenen Ressourcen, aber auch Fördermöglichkeiten realistisch einzuschätzen.
Nicht zurückschrecken!
Auch wenn das sorgsame Erstellen eines Inklusionskonzeptes einige Zeit in Anspruch nimmt: Die Anstrengungen lohnen sich ohne jeden Zweifel. Ein sorgsam erstelltes Inklusionskonzept spart letztlich nicht nur Zeit und Geld, sondern auch Nerven – selbst wenn sich manch umjubelte Idee am Ende als Sackgasse entpuppt. Ganz ohne den einen oder anderen Rückschlag geht es in den meisten Fällen nicht. Muss es auch nicht! Wichtig ist, das Thema anzugehen - am besten planvoll.